Fahrbericht aus AMS 1985: Unterschied zwischen den Versionen
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In zahlreichen Punkten verbesserte Limousinen, Coupés und Cabrios.<br> | In zahlreichen Punkten verbesserte Limousinen, Coupés und Cabrios.<br> |
Aktuelle Version vom 25. April 2009, 21:08 Uhr
FahrBericht
Auto Motor und Sport
Ausgabe 2. Okt. 1985<
(Text: Götz Leyrer)
Big Lift
Fahrbericht Mercedes S Klasse
In zahlreichen Punkten verbesserte Limousinen, Coupés und Cabrios.
Grundsätzlich neu ist sie natürlich nicht, die S-Klasse von Daimler-Benz; wer darauf wartet, muß sich noch drei Jahre gedulden.
Aber die Änderungen, die Deutschlands Prestige-Limousinen, ebenso wie die SEC-Coupés und der seit 1971 gebaute SL, jetzt erfuhren, gerieten doch So umfangreich, daß mit Fug und Recht von einer neuen Generation gesprochen werden darf.
Rein optisch fielen die Modifikationen betönt dezent aus, schließlich wollte man Besitzern der bisherigen S-Klasse nicht das Gefühl vermitteln, plötzlich in einem "alten" Auto zu sitzen. Genaures Hinschauen enthüllt die Unterschiede: glatte Kunststoff-Verkleidungen an den Flanken. Ein sehr zurückhaltend geformter Bugspoiler und eine geänderte Einfassung der Heckscheibe; alles zusammen dient einer weiteren Optimierung der Aerodynamik. Am schnellsten ist der neue Jahrgang noch an den anders gestylten Leichtmetallrädern zu erkennen. Die jetzt einheitlich 15 Zoll Durchmesser aufweisen.
Auch im Innenraum bleibt es bei Detailverbesserungen. So ergänzen Kontrolleuchten für den Stand von Motoröl, Kühlwasser und Scheibenwaschwasser das aufgeräumte und übersichtliche Instrumentarium; das Stahlschiebedach (Sonderwunsch) besitzt nun wie hei den übrigen Mercedes-Modellen eine zusätzliche Hubstellung, und die Sonnenblenden lassen sich herausziehen, um vor seitlicher Einstrahlung zu schützen. Schließlich gibt es noch eine Memory-Schaltung für de elektrische Sitzverstellung (Sonderwunsch), die auch die ebenfalls elektrisch in axialer Richtung verstellbare Lenksäule mit einschließt. Ein Knopfdruck Genügt also, und Sitze und Lenkrad fahren leise summend in eine vorher eingespeicherte Position (zwei verschiedene Stellungen können programmiert werden). Damit ist das Wichtigste schon aufgezählt, denn die umfangreichen Änderungen haben unter dem Blech stattgefunden.
Den 2,8 Liter-Sechszylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen gibt es nicht mehr; er wurde ersetzt durch die neuen, aus der Mittelklassebaureihe W 124 bekannten Sechszylinder mit 2,6 und 3,0 Liter Hubraum. Der 260SE ersetzt somit den alten 280S, und wie dieser dürfte er nach den Erwartungen der Marketing-Fachleute nur eine. relativ bescheidene Rolle im S-Klasse Programm spielen. Das Volumenmodell der S Klasse stellt wohl der Nachfolger des 280 SE dar, der jetzt auf die Bezeichnung 300 SE hört. Gerade er macht auch deutlich welchen Fortschritt die neuen Motoren bedeuten - speziell im Hinblick auf den Drehmomentverlauf im unteren Drehzahlbereich und die Laufkultur bei hohen Drehzahlen. Denn es ist gar keine frage, daß es sich bei den Dreiliter-Motor um einen der besten Sechszylinder überhaupt handelt. Sein seidenweicher Lauf scheint von der Drehzahl nahezu unabhängig zu sein. Ganz gleich, in welchen Regionen sich die Nadel des Drehzahlmessen gerade bewegt, aus dem Motorraum dringt nie mehr als ein unaufdringliches Summen an die Ohren der Insassen. Die Fahrleistungen sind, vor allem bei der Ausführung mit mechanischem Fünfganggetriebe, aller Ehren wert; wer im 300 SE unterwegs ist, kommt wohl kaum auf die Idee, sich eine weitere Verbesserung in Form eines der Achtzylinder-Motoren zu wünschen.
Gerade in der Laufkultur, das zeigen schon die ersten Fahreindrücke, bedeuten die zusätzlichen Zylindereinheiten kaum noch eine Verbesserung, aber sie bieten natürlich nochmals verbesserte Fahrleistungen und wegen der hier serienmäßigen Viergang-Automatik auch einen höheren Bedienungskomfort. Der Gewinn an Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit soll hier nicht unterbewertet werden, aber ebenso deutlich bestätigen die V8 Motoren auch die gewiß nicht neue Erkenntnis, daß man um so gelassener langsam fahren kann, je mehr der Motor seine Leistung aus dem vollen schöpft.
Speziell dem kleinen V8, bisher 3.8 Liter groß, hat die Hubraumvergrößerung auf 4,2 Liter, die durch eine Erweiterung der Bohrung erzielt wurde, gut getan.
Denn während der 380 SE im unteren Drehzahlbereich etwas durchzugsschwach wirkte, tritt der 420 SE schon knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl kräftig an und sorgt für beachtliche Beschleunigungswerte. Kein Wunder natürlich: Den Drehmomentwert, den der 3,8 Liter als Maximum bei 3250 U/min lieferte, stellt der 4,2 Liter-V8 nun schon bei bescheidenen 2000 U/min bereit.
Die Typenbezeichnung 500 SE schließlich blieb auch bei der sogenannte Rückrüst-Ausführung, die für den Einbau von Lambdasonde und Katalysator vorbereitet ist; die ebenfalls lieferbare Katalysator-Ausführung bringt es auf 233 PS (164 KW).
Hier einige Erläuterungen zum Abgaskonzept von Daimler-Benz: Sämtliche Modelle sind gleich ab Werk mit Katalysator lieferbar; daneben gibt es die schön erwähnten Rückrüstversionen für Kunden, die sich mit dem Katalysator Zeit lassen wollen, bis auch im Ausland eine Ausreichende Versorgung mit bleifreiem Benzin gewährleistet ist. Alle Motoren sind Grundsätzlich auf den Betrieb mit dem neuen Euro~Super mit 98 Oktan ausgelegt, können aber auch problemlos mit bleifreiem Normalbenzin gefüttert werden, wobei sich ein zwar meßbarer, in der Praxis aber kaum spürbarer Leistungsverlust ergibt. Die Umstellung kann der Fahrer mit einem Handgriff selbst vornehmen; er braucht dazu nur einen Stecker im Motorraum in die entsprechende Position zu bringen, um ein der jeweiligen Kraftstoffqualität entsprechendes Zündkennfeld zu wählen. Die jederzeit mögliche Umrüstung auf Katalysator und Lambdasonde erledigt die Werkstatt, die Preise Dafür bewegen sich zwischen 2350 DM (260 SE und 300SE) und 3760 DM (500 SE und 560 SEL). Die Rückrüstung, die der S-Klasse das Prädikat "schadstoffarm" einträgt und für befristete Steuerbefreiung sorgt, ist damit etwas teurer als die gleich im Werk vorgenommene Ausstattung mit Katalysator (Aufpreis je nach Modell zwischen 2052 und 2394 DM). Auch die neue Spitzenmodelle der S-Klasse, der 560 SEL und 560 SEC, sind selbstverständlich mit Katalysator lieferbar, die Leistung des größten Mercedes-V8 beträgt dann 242 PS (178 kW). Als Rückrüstversion kommt der ansonsten völlig identische Achtzylinder auf 272 PS (200 kW). Damit hätte man es eigentlich bewenden lassen können, aber die Möglichkeit mit noch mehr Leistung für einen wahrhaftigen Nachfolger der ehemaligen 6,3 und 6,9 Liter Modelle zu sorgen, möchte man sich bei Daimler-Benz doch nicht entgehen lassen.
Den 560 gibt es deshalb als einziges Modell der S-Klasse auch in einer ECE Ausführung, die ein höheres Verdichtungsverhältnis (10,0:1 statt 9,0:1) aufweist und bei 5000 U/min 300 PS (220 kW) leistet. Sinnloser Leistungsfetischismus ohne Rücksicht auf Umweltbelange? Vorstandsmitglied und Chefentwickler Dr. Rudolf Hörig will von diesen naheliegenden Vorwurf nichts wissen: "Die ECE Version stößt nicht mehr Schadstoffe aus als die RÜF-Version, die noch nicht mit Katalysator bestückt ist." Und natürlich kann auch der stärkster 5,6 Liter-Motor mit bleifreiem Benzin betrieben werden - lediglich eine nachträgliche Umrüstung auf katalytische Entgiftung ist nicht möglich.
Ein sogleich spürbarer Vorzug des ECE-Modells ist zunächst einmal der geringere Verbrauch, der im Drittel-Mix nach DIN 13,4 L/100 km beträgt, während für die RÜF-Ausführung 13,7 L/100 km und für das Katalysator-Modell 14,5 L/100 km genannt werden. Beim Fahren sind die Unterschiede zwischen den beiden Leistungsextremen Kat. und ECE zunächst einmal geringer als es die nominelle Differenz von fast 60 PS zunächst vermuten läßt. In den vom Werk ermittelten Meßwerten lassen sich zwar nicht verheimlichen, aber bei ohnehin so reichlich motorisierten Autos spielt es in der Praxis wirklich keine Rolle, ob nun in 7,2 oder in 8,3 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigt werden kann. In jedem Fall entsteht das Gefühl üppiger Leistungsreserve, die mühelos eine souveräne Anpassung an die jeweilige Verkehrssituation gestattet.
Auch in der S-Klasse gibt es jetzt übrigens einen zusätzlichen Schalter für die Automatik, mit dem zwischen dem Positionen S (wie Standart) und E (für Economy) gewählt werden kann. In Stellung S schaltet die Automatik auch zurück wenn Vollgas, aber kein Kickdown gegeben wird; die Leistung des Motors wird so optimal genutzt, wobei man sich allerdings bei schneller Fahrweise mit relativ häufigen Schaltvorgängen abfinden muß. In Position E fährt der 560 SEL nur bei Kickdown im ersten Gang an, schaltet früher hoch und setzt oberhalb von 60 km/h bevorzugt die vierte Fahrstufe ein. Daraus resultiert eine betont weiche, nervenschonende Fahrweise, ohne daß man sich über einen Mangel an Leistung zu beklagen hätte.
Den 5,6 Liter Motor gibt es nur für das SEC-Coupé und die Limousine mit verlängertem Radstand, der auch die wahlweise lieferbare hydropneumatische Federung vorbehalten bleibt. Sie verbessert in erster Linie den Federungskomfort auf den Rücksitzen; wer den 560 SEL nicht vom Chauffeur fahren läßt, ist mit der vorbildlich abgestimmten Stahlfederung wohl ebensogut bedient. Ein neues Detail schließlich an der Hydropneumatik: Die Stoßdämpferhärte kann individuell verstellt werden. Bei hohen Geschwindigkeiten senkt sich die Karosserie um 25 mm ab, was vor allem dem cw-Wert zugute kommt.
Das die S-Klasse einen neuen Höhepunkt im deutschen Automobilbau darstellt, daran gibt es also insgesamt keinen Zweifel.
Bemerkenswert sind aber auch die Verbesserungen, die dem Oldie im Mercedes-Programm, dem SL-Roadstar, zugute kamen. Er erhält ab sofort nicht nur die neuen Motoren (allein die 5,6 Liter V8 bleibt den US-Ausführung vorbehalten), sondern besitzt auch eine modifizierte Doppelquerlenker-Vorderachse und eine geänderte Hinterachsabstimmung. Der auf der Antriebsseite schon bei den Limousinen registrierten Fortschritt geht hier also noch weiter - schließlich hätte ihn gerade der SL auch besonders nötig. Schon die ersten Probefahrten zeigten jedenfalls eine spürbare Verbesserung von Handlichkeit und Federungskomfort; abgesehen von seiner etwas altväterlicher Form ist also der SL durchaus noch up to date, und so, zeugt gerade er von einem unerbittehrlichen Streben nach Perfektion, wäre die Modernisierung nicht nötig gewesen. Der offene Mercedes ist ausverkauft - bis zum Produktions-Ende im Herbst 1987, wenn sein Nachfolger präsentiert werden.
cu